Test zu Yakuza Kiwami - Nintendo Switch - ntower - Dein Nintendo-Onlinemagazin (2024)

Die Yakuza-Reihe zählt zu den bekanntesten Franchises aus dem Land der aufgehenden Sonne. In Japan bekannt als „Like a Dragon“ erschien Yakuza hierzulande im Jahre 2006 ebenfalls unter den Fittichen von SEGA und wird somit stolze 18 Jahre alt. Die Spielereihe findet vor allem auf der PlayStation 2 ihr Zuhause und entfaltet sich auch überwiegend auf Sonys Konsolen – nicht verwunderlich bei der japanischen Verbundenheit. Zwar wandern spätere Ableger wie beispielsweise das Remaster Yakuza Kiwami auch auf die US-amerikanische Xbox One oder den PC, dennoch fühlt sich Kazuma Kiryu grundlegend nach einem PlayStation-Charakter an. Das Entwicklerstudio des Remasters Ryu Ga Gotoku Studio entschied sich vor einigen Wochen jedoch dazu, Kiryus Reise auch auf der Nintendo Switch anzubieten, ganz entgegen den ursprünglichen Aussagen des Directors Koji Yoshida. Nintendos Konsole sei nämlich keine Plattform für die Spiele-Reihe, man habe sich vor Kurzem trotzdem für einen Port entschlossen. Am 24. Oktober also wurde Kiryus Geschichte durch das fiktive Rotlichtviertel in Tokyo auch für die Nintendo Switch veröffentlicht. Wir durften uns also einige Wochen in Kamurocho austoben und berichten folgend, ob sich die Nintendo Switch-Reise in das berühmte Rotlichtviertel lohnt.

Ein PlayStation 2-Spiel, das seiner Zeit eigentlich voraus war

Wie oben angemerkt, handelt es sich bei Yakuza Kiwami um ein Remaster des ersten Teils der Yakuza-Serie. Kiwami erschien im Januar 2016 auf den damals gängigen Plattformen und ließ Kazuma und das gefährliche Kamurocho im neuen Glanz erstrahlen. Nicht nur Quality-of-life-Veränderungen waren mit von der Partie, auch ein ikonischer Charakter bekommt mehrere Auftritte, welche ebenfalls einen weiteren Kampfstil zur Folge haben. Fans sprechen also von einer erweiterten Fassung, die darüber hinaus im hübschen HD auch noch eine gute Figur macht.

Kazuma Kiryu (rechts) war ein berüchtigter Yakuza der Dojima-Familie

© SEGA

Die gute Figur kommt allerdings nicht nur bei der schönen Grafik zur Geltung, sondern auch Kazuma Kiryu und seine kriminell spannende Geschichte können sich noch beinahe 20 Jahre später sehen lassen. Ich für meinen Teil habe vor wenigen Jahren ein wenig die PlayStation 2-Fassung gespielt, darüber hinaus aber nahezu keine Anhaltspunkte mit der Reihe sammeln können. Umso froher war ich über die Ankündigung eines Nintendo Switch-Releases – das bedeutet allerdings auch, dass dieser Text quasi frische Eindrücke eines bisher nahezu unbekannten Franchises darstellt. Mir sind die „Kinderkrankheiten“ eines PlayStation 2-Ports und der Kontext, in welchem Yakuza spielt, durchaus bewusst und fließen mit in die Bewertung ein. Wir sprechen hier immerhin von einem fast 20 Jahre alten Spiel.

Fangen wir aber von vorne an: Wie schon mehrmals angesprochen, schlüpft ihr in die Haut von Kazuma Kiryu, ein berüchtigter Yakuza des Dojima-Familie, einer Bande, welche besonders im kriminellen Rotlichtviertel Kamurocho tätig ist. Kamurocho ist dabei dem realen Viertel Kabuchiko in Tokyo nachempfunden, ebenfalls ein Rotlichtviertel, welchem kriminelle Yakuza-Machenschaften nachgesagt werden. Yakuza beginnt mit dem Mord von Kiryus Vorfahren Sohei Dojima, für welchen Kiryu fälschlicherweise beschuldigt wird. Hinter dem Mord stecken aber eigentlich sein Freund Akira Nishikiyama und die gemeinsame Freundin Yumi Sawamura, welche von Kiryu gedeckt werden. Das Spiel zeigt kurz Kiryus Aufenthalt im japanischen Gefängnis, springt danach allerdings zehn Jahre in die Zukunft, als der Yakuza entlassen wird.

Nach Kiryus Entlassung ist nichts mehr, wie es war

© SEGA

Kiryu findet nicht nur ein komplett verändertes Kamurocho wieder, auch sein früherer Kindheitsfreund Nishikiyama scheint nun ein fürchterlicher Anführer zu sein – das Verschwinden der gemeinsamen Freundin Yumi sorgt ebenfalls für Verwirrung. Als ob das nicht genug wäre, werden die Yakuza-Familien von einem Konflikt um zehn Millionen Yen geplagt, die verschwunden sind, und das kleine Mädchen Haruka scheint die Antworten zu kennen. In Yakuza Kiwami verfolgen wir also Kiryu, welcher versucht, den Scherbenhaufen seiner Vergangenheit Stück für Stück zusammenzusetzen, und treffen auf alte Freunde, die zu Feinden werden, stellen dahingehend Loyalität infrage, aber auch unsere eigenen Überzeugungen.

Ich fasse mich kurz: Auch nach beinahe 20 Jahren kann die Geschichte von Yakuza vollends überzeugen und hat mich für viele Stunden nach Kamurocho entführt. Die Charaktere sind allesamt fantastisch geschrieben, beherbergen Elemente von „Der Pate“ und sind trotz der kulturellen Distanz ungewohnt nahbar. Besonders Kazuma Kiryu hat es mir angetan, welcher das Klischee einer harten Schale mit weichem Kern verkörpert, von dem ich einfach nicht genug bekommen konnte. Auch wenn Yakuza voller Ernst steckt, erstreckt sich mindestens genauso viel Wahnsinn in die andere Richtung, welcher durch Figuren wie Majima auf den Nintendo Switch-Bildschirm flimmert. Während ihr in einer Szene den Tränen nahe seid oder vor lauter Wut auf den Tisch hauen könntet, gibt es im nächsten Moment herzlich witzige Szenen – eine wahrhaftige Achterbahn der Gefühle, und das trotz des stolzen Alters des Spiels. Es ist ein kleiner Einblick in eine sehr seltsame japanische Welt, die ich gerne aus der Ferne beobachte. Einerseits ist sie unglaublich kriminell und brutal, andererseits ist sie so interessant, wie ich es selten erlebt habe.

Eine wunderbar immersive Welt mit leider gealtertem Kampfsystem

Während mich die Geschichte eigentlich gar nicht mehr loslassen möchte, hatte ich kleine Schwierigkeiten mit Yakuzas Kampfsystem, das so viel mehr sein könnte. Im Grunde kann man Yakuza als Rollenspiel-Fighting-Game mit Beat 'em up-Elementen bezeichnen. Ihr schlüpft in die Haut eines blutrünstigen Yakuzas, was natürlich bedeutet, dass jedem Trunkenbold aus Kamurocho, der auch nur ansatzweise schief guckt, der Kiefer aus dem Gesicht gehauen wird. Das geschieht in vier Kampfstilen, zwischen denen ihr jederzeit wechseln könnt. Dadurch zaubert das Entwicklerstudio nicht nur etwas mehr Abwechslung auf den Bildschirm, das Kampfsystem erhält auch enorme Tiefe und ihr könnt darüber hinaus euren ganz eigenen Spielstil entdecken. Zu Beginn seid ihr in euren Fähigkeiten noch sehr limitiert und schlagt eigentlich mit den immergleichen Kombos zu – später, wenn ihr einige Hunderte Erfahrungspunkte gesammelt habt, gibt es auch strategische Ansätze, die alles noch mal auflockern. Das ist im Grunde eigentlich löblich, doch ganz will das Blocken-Angreifen-Ausweichen-System bis zum letzten Kampf nicht wirklich glänzen.

Trotz der ausgefeilten Tiefe kann mich das Kampfsystem nicht überzeugen

© SEGA

Zwar machen vor allem die Beat 'em up-Kämpfe gegen bis zu zehn anderer Yakuza echt Spaß und Kiryu kann mit Wumms austeilen, doch wenn es wirklich darum geht, taktisch vorzugehen, weist Yakuza deutliche Schwächen auf. Besonders in den wirklich unsäglich anstrengenden Bosskämpfen, in denen sich eingefleischte Yakuza-Fans eigentlich beweisen könnten, kommt das sonst dynamische System zu kurz. Nicht nur können wir die anderen Yakuza-Bosse als sogenannte Bullet-Sponges bezeichnen, Kiryu wird auch nach jedem Schlag gesoftlockt, was im Gesamtpaket zu sehr langen und schlauchigen Kämpfen ohne jegliche Dynamik führt. Hier weiß ich nicht, ob ich das Kampfsystem schlichtweg nur ankratzen konnte oder ob die Bosskämpfe wirklich so furchtbar inszeniert sind. Das ist mein größter Kritikpunkt an dem sonst fantastischen Spiel.

Weil euch die vielen Bossgegner von Yakuza wirklich frech in die Ecke drängen, müsst ihr euer Kampf-Repertoire im Rollenspielsystem ausweiten. Das bedeutet, dass ihr verschiedene Fähigkeitenpunkte einsetzen könnt, um mehrere Sphärenbretter freizuschalten. Eines fokussiert sich beispielsweise auf eure Lebens- oder Heat-Anzeige, andere wiederum knöpfen sich die Kampfstile vor und erweitern eure Kombinationen. Die freigeschalteten Fähigkeiten machen sich im Kampf wirklich bemerkbar und stellen angenehmen Progress während des Spiels dar. Schnell habt ihr ein solides Grundpaket an dynamischen Angriffen, die ihr miteinander kombinieren könnt. Hier hat es mir besonders das Heat-System angetan: Je nach Kampfstil lädt sich eine zweite Leiste durch sitzende Schläge oder Paraden auf, die euch nach einiger Zeit bestimmte Superangriffe ermöglicht – auch hier knallt Yakuza ordentlich, wenn Kiryu ein Möbelstück kurzerhand auf dem Schädel des Gegners zertrümmert. Als wäre das nicht genug, kann Kiryu auch wenige Ausrüstungsgegenstände anlegen, die euch mit einigen passiven Effekten wie stärkeren Angriffen oder Defensivwerten verwöhnen. Waffen kommen später zwar auch noch hinzu, im Grunde wird sich in Yakuza aber ordentlich aufs Fressbrett gehauen.

Kamurocho – eine unverwechselbar dynamische Partymeile

Und das wirklich nicht zu selten, weshalb ich zu guter Letzt noch mal Yakuzas dynamische Welt hervorheben möchte. Zwar kommt Kamurocho als ziemlich klein und überschaubar daher, trotzdem habe ich selten eine so dynamische Welt erlebt. Zu jedem Zeitpunkt an jeder Stelle kommt es zu unvorhersehbaren Konfliktsituationen oder kleinen, eher komödiantisch angehauchten Sidestorys, denen ihr nachgehen könnt. Ironischerweise werden allerdings alle Konflikte in blutigen Faustkämpfen ausgetragen, was noch mal ordentlich für Witz sorgt und fast schon absurd wirkt. Das kleine Rotlichtviertel ist allerdings bis in jede Gasse vollgestopft mit Dingen, die es zu entdecken gilt, welche Kamurocho so lebendig wirken lassen.

Kamurocho ist unfassbar dynamisch und kann euch bis zu 80 Stunden ins Rotlichtviertel entführen

© SEGA

Zwar werden die meisten Konflikte mit Schlägen aufs Maul geklärt, trotzdem lockern sie den sonst stressigen Yakuza-Alltag ordentlich auf. Neben einigen Stripclubs, in welchen ihr Frauen verführen könnt, gibt es Japan-typische Arcadehallen mit Minispielen oder auch die ein oder andere Karaoke-Bar. Eine Straße weiter gibt es natürlich die berühmten Conbinis, wo ihr eure nützlichen Heiltränke kaufen könnt, nur damit euch wieder eine Gruppe an Gangster auflauern kann. Die fantastischen Dynamiken entstehen durch die vielen Zufallsevents, die in bestimmten Abständen auf euch zukommen, aber nicht erzwungen werden. Im Gegenteil, die Stressmacher wirken ziemlich natürlich – als seien sie Teil eurer ganz eigenen Geschichte. Nach meinem Erstdurchlauf, bei welchem ich eigentlich relativ viele Nebenmissionen absolvierte, hatte ich scheinbar nur knapp 21 Prozent des Spiels gesehen. Das bedeutet also, dass ich Kamurocho definitiv noch weitere Besuche abstatten muss.

Zu guter Letzt kommen wir zum wohl interessantesten Punkt: Wie schlägt sich die Nintendo Switch mit so einem „Brecher“ von Spiel? Ich habe wirklich Augen gemacht, als die erste Cutscene mit Kiryu über meinen Bildschirm flimmerte. Das Spiel läuft am Fernseher in hübschem Full-HD, sieht fantastisch aus und ist gestochen scharf. Visuell kann sich Yakuza Kiwami wirklich sehen lassen und auch die Bildrate blieb bei meinem Durchlauf weitestgehend stabil. Während des Testzeitraums wurde zwar Version 1.01 veröffentlicht, welche wohl weiter an der Performance schrauben soll, ich habe allerdings wenige Unterschiede erkannt und kann die Nintendo Switch-Version daher uneingeschränkt weiterempfehlen. Bemerkt dabei bitte, dass das Spiel aktuell leider nur auf Englisch verfügbar ist. Preislich liegt der Titel bei 20 Euro, welche definitiv unschlagbar investiert sind. Ach, und der Soundtrack ist natürlich auch große Klasse.

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Author: Mr. See Jast

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